Fahrradreise - Nie mehr ohne die richtige Ausrüstung

Neun Kilometer. Zwei Wochen Vorbereitungszeit, ad hoc Spanischkurse, Bestellungen und Einkäufe, um an diesem heutigen Tag unser lang ersehntes. Abenteuer einzuläuten. Ein Abenteuer, das neun Kilometer dauerte.

Knapp eine Stunde waren wir unterwegs. Durch eine enge Stadt, in der es mehr Abgase, als Luft gibt. Und unsere Fahrt endete in einem Park irgendwo in San Jose. Nach neun Kilometern.

Was ist passiert?

Los ging's mit der Fahrradreise

Wir fuhren heute Morgen los – strahlend vor Vorfreude und Optimismus. Optimismus, obwohl der Fahrradanhänger für Elea fehlte. Vorfreude, obwohl ich komplett untrainiert bin und eine rund 40 Kilometer lange Fahrt mit mehreren Steigungen vor mir lag. Wir waren positiv gestimmt. Mit einer etwas semiprofessionellen Konstruktion unseres Gepäcks, wagten wir den Start mit Fahrrad und Zelt.

Ausrüstung sollten wir in Europa kaufen

Dass wir bei der Konstruktion und dem Transport kreativ wurden, hatte seine Gründe.
Wir Europäer. Wir denken: «Du kaufst es, du hast es. Du bestellst es, du wartest nicht mehr als eine Woche.»

Wir hätten nie gedacht, wie schwer es sein würde unsere Ansprüche zu senken. Wir dachten, wir seien parat für ein simples, weniger organisiertes und anspruchsloses Leben. Nachdem wir zwei Wochen immer noch auf unsere Pakete warteten, merkten wir wie parat wir sind: Gar nicht.

Joao betonte nachdrücklich mit einem Kopfschütteln, dass er uns vor Monaten riet, unsere Ausrüstung für die Fahrradreise in Europa zu kaufen. Unser Fehler war, dass wir a) alles besser wissen und b) Google uns sagte, dass es in Costa Rica alle notwendigen Läden mit allen notwendigen Marken gibt. Wenn sie die Topmarken in Sachen Fahrrad haben, haben sie alles. Dachten wir.

Schlechter Lieferservice in Costa Rica

Als wir unsere Pakete – die restliche Ausrüstung – abholten, fehlten das Schattenfahrrad von Nathan und der Fahrradanhänger von Elea.

Warum sie nicht ankamen? Die Firma, die für die Zustellung zuständig war oder ist, bat uns ihnen eine einfache Sache mitzuteilen: Reisen unsere Pakete in einer Holzkiste oder in Plastik? Um ihnen das mitzuteilen, forderten sie uns auf, auf ihrer Website ein Ticket ziehen. Was nicht funktionierte. Nach mehrmaligen Versuchen.

Wir schreiben Mails, wir telefonierten und stammelten auf Spanisch und Englisch Ihre Lösung: Ziehen sie ein Ticket. Geht nicht. Können sie uns bitte helfen? Ja, ziehen sie ein Ticket. Das ist ja gerade das Problem. Das Problem können wir erst lösen, wenn sie ein Ticket ziehen.

Fest stand, die tickten nicht ganz richtig. Unsere Campingausrüstung war vorhanden. Losfahren ohne Schattenfahrrad und Anhänger war nicht möglich.

Kein Schattenfahrrad in Zentralamerika

Wir wurden eines besseren belehrt. Beispielsweise wissen wir jetzt, dass Costa Ricaner effektiv nicht wissen, was ein Fahrradanhänger ist. Und sie wissen erst recht nicht, wo wir ein solches bekommen.

Mit dem Schattenfahrrad war es in etwa das gleiche. Dieses fanden wir per Zufall und glücklicherweise in einer Art Online Second Hand Shop. Den Fahrradanhänger aufzutreiben blieb ein Ding der Unmöglichkeit.

Die erste Fahrradpanne

Zurück zum Anfang. Wir fuhren positiv gestimmt los. Nathan freute sich darüber, endlich auf sein geliebtes Schattenfahrrad zu steigen. Elea war aus dem Häuschen, weil wir ihr statt Anhänger einen eigenen Thron für das Fahrrad besorgten.

Jedenfalls fuhren wir los und kurvten uns durch San Jose an hupenden Autos vorbei. Mit strahlenden Gesichtern picknickten wir in einem Stadtpark. Nach der Mittagspause siegen wir glücklich auf unsere Fahrräder. Und das Glück dauerte nicht einmal fünf Minuten.

Ein Platten. An meinem Vorderrad. Mein erster Gedanke: Kein Problem. Michael flickt das.

Während Michael den Schlauch flickte, kramte Joao aus unserem Gepäck einen neuen Schlauch – the safer, the better. Da merkten wir: Der Herr im Fahrradgeschäft hatte uns mit einem viel zu kleinen Ersatzschlauch ausgestattet.

Der richtige Fahrradschlauch

Im nächsten Fahrradladen sagten sie uns: «Einen Schlauch, wie in euren Fahrrädern gibt es nirgendwo in Costa Rica.»

Obwohl unsere Fahrräder aus einem Laden in Costa Rica stammen, die ernüchternde Erkenntnis: Solche Schläuche finden wir nirgendwo. Nirgendwo in ganz Costa Rica. Er gab uns einen viel zu grossen mit, den wir versuchten unter das Gummi zu quetschen. Der platzte und mit ihm die Geduld.

Wir gingen sicherheitshalber zu einem anderen Fahrradladen. Sie brauchen komplett neue Reifen. Und, ja, solche Schläuche gibt es hier wirklich nicht.

In unserer Verzweiflung trafen wir unseren Retter, unseren Helden des Tages. Andreas. Ein flotter Costa Ricaner auf einem Mountainbike, der unseren Reifen flickte und sich – by the way – ab morgen eine Weile unserer Reise anschliesst.

Unser Held führte uns.in ein Fahrradgeschäft, der – siehe da – die nötigen Schläuche verkaufte. Angeblich gehört dieses Geschäft sogar zu Costa Rica.

Zu spät zum Weiterfahren

Der ganze Spass kostete uns rund fünf Stunden. Und viele Nerven. Nathan war gar nicht glücklich darüber, dass seine erste coole Velotour mit Papa vorbei war.

Dafür sitzen wir jetzt im Relax Hostel. Das hält alles, was der Name verspricht. Simple Betten, simple Duschen und sogar ein simples Frühstück für ganze 30 Euro für uns alle fünf Personen. Und das wichtigste natürlich: Das Hostel hat Wi-Fi.

Morgen geht die Reise weiter. Unser Endziel: San Isidro de el General. Dort besuchen wir den Circo Fantazztico. Da wir das nicht in einem Tag schaffen, teilen wir diese Strecke in mehrere Etappen auf.

Unsere erste Etappe:
Morgen werden wir in einem Resort für Indigenos unterkommen. Beziehungsweise dort unser Zelt aufstellen. Zumindest, wenn alles läuft wie geplant.

Quitirrisi, wie unser Zielort heisst, liegt mehr als neun Kilometer von hier entfernt.

FAMILIE METTLER