Mit meinem Sohn auf Reisen

Nathan, mein Sohn, ist auf verschiedene Weise speziell. Das fängt bei seinem Namen an. Dieser ist hebräisch und bedeutet «das Geschenk». Und ich wählte diesen Namen, weil mein bester Freund Nathan hiess. Mein Freund musste diese Welt leider zu früh verlassen.

Seine Freundschaft und sein Leben waren für mich ein Geschenk. An meinem ersten Date mit Mirjam, erzählte ich ihr von meinem besten Freund Nate. Ich sagte ihr, dass mein Sohn – wenn ich eines schönen Tages einen habe – einmal Nathan heissen wird. Ein Geschenk. Wie es mein bester Freund war.

Sein Fragiles-X-Syndrom

Nathan ist ein spezieller Sohn, weil er nicht gesund ist. Er hat das Fragile X Syndrom, ein Gendefekt. Wir haben extrem Glück, dass Nathan ein normaler Junge mit ein paar speziellen Eigenschaften ist.

Ich hatte immer einen guten und wertvollen Zugang zu Nathan. Zum Zeitpunkt, da ich diesen Blog schreibe, sehe ich Nathan fünf Tage die Woche abends zwei Stunden. Und am Wochenende. Ich bin gespannt wie es ist, wenn wir den ganzen Tag zusammen verbringen.

Ein sensibles Gemüt

Nathan ist feinfühlig und sensibel. Seine Fähigkeit Stimmungen und andere Menschen zu spüren ist aussergewöhnlich. Er ist schwer für ihn, wenn er sich übergangen fühlt oder keinen Anschluss findet. Dieser ist ihm unglaublich wichtig.

Das ist für Menschen wie mich, die mit 120 Sachen durch die Welt rasen, herausfordernd. Ich brauche viel Geduld. Ich lernte zuerst vier Gänge nach unten zu schalten, um auf ihn einzugehen.

Wir sind wie Tag und Nacht

Es brauchte Zeit, bis ich verstand, wie Nathan andere Menschen sieht, wie er mich sieht, was ihn beschäftigt. Mit ihm zu sprechen, ist für mich wie Therapie. Mein Sohn zeigt mir eine Welt, die ich nicht sehe.

Mich in ihn hineinzuversetzen, ist anstrengend. Mein Sohn ist langsam, ich bin es nicht. Er hat ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen, das ich schwer begreife. Wie gesagt, bin ich extrem gespannt, was geschieht, wenn wir Tag und Nacht auf unserer Weltreise zusammen sind.

Nathans Zukunft

Und ich bin gespannt, wie seine Zukunft aussieht. Ich wusste immer, dass die Anforderungen der Schweiz ihn überfordern. Egal ob Schule, Lehre oder Studium und Beruf. Das ist für ihn zu viel. Er hat keine Chance diese schnelle Leben und diesen Druck auszuhalten. Darum ist Nathan mit ein Grund, warum ich mit meiner Familie auf Weltreise gehe.

Sein Talent und was er liebt

Mein Sohn liebt es anzupacken, mit von der Partie zu sein. Er kümmert sich um Tiere und Menschen. Und das mit Leidenschaft und Herzblut. Es ist ihm wichtig, etwas zu tun haben. In der Schweiz besuchten wir häufig einen Bauernhof in der Nachbarschaft. Pünktlich. wenn das Melken der Kühe auf dem Programm stand. Da war er im Himmel. Die Kühe, die Arbeit und die Gemeinschaft im Stall.

Er träumt davon Melker zu sein, wie die Bauern, die er kennt. Seine Helden. Er freut sich mit Schwielen an den Händen auf ein Buurezmorge. Mit Fleisch und Käse. Mit dem veganen Lifestyle der Mutter freundete er sich nie wirklich an.

Wir wünschen Nathan, frei und glücklich zu sein

Mein Sohn ist speziell. Er wird seinen Weg finden. Und ich hoffe, dass diese Weltreise ihn lehrt, dass alles möglich ist. Dass er lernt: Die Welt steht ihm offen.

Ich bin zuversichtlich: Er wird seinen Platz in dieser Welt finden. Die Schweiz sorgt sich gut um meinen Jungen. Viele der Therapien und heilpädagodischen Massnahmen sind wertvoll und er geniesst die besondere Aufmerksamkeit. Noch. Jetzt da sie kindgerecht sind.

Es wäre ein Fehler, wenn sich ein besonderes Kind wie er, immer mit dem Stempel der Einschränkung durch alle Massnahmen zwängt. Die Begleitung ist professionell und engmaschig zugleich. Ich wünsche mir, dass er lebt. Frei und glücklich. Und dass ich von seinem Wesen profitiere. Und dass sich dieses Wesen entfaltet. Er ist speziell, besonders und einzigartig.

Alles ist möglich

Mich beschäftigt die Frage: Was ist, wenn Nathan ein Leben lang bei mir bleibt? Davor hatte ich immer Angst. Was wenn er nie selbstständig wird? Ich freute mich darauf, alleine zu sein mit meiner Frau und dass die Kinder ein eigenes Leben führen.

Seit wir diese Weltreise planen, fühle ich diesbezüglich anders. Alles ist jetzt offen. Alles ist möglich. Nathan wird seinen Weg finden. Wir werden als Familie unseren Weg finden. Wenn wir auf einer argentinischen Rinderfarm als Gauchos die Weltreise beenden, sind alle zufrieden (bis auf meine vegane Frau). Vor allem Nathan wäre zufrieden. Weil er seine geliebten Kühe um sich hat und jeden Tag Fleisch auf dem Speiseplan steht.

FAMILIE METTLER