Wie baut jemand ein Bambusrad?
Im letzten Beitrag erwähnte ich, dass du bestimmte günstigere Fahrräder kaufen kannst, als ein Fahrrad, das komplett mit Bambus gebaut wurde. Warum ist das so?
In jedem dieser Fahrräder steckt ein Prozess von 80 Stunden Handarbeit.
Ich rechne mal kurz: 80 Stunden gerechnet mit dem Mindestlohn in Deutschland von 8.84 Euro in der Stunde. Das ergäbe pro Fahrrad 707 Euro und 20 Cent. Der Rahmen des my Boo Fahrrades wird nicht in Deutschland produziert.
Nein, wir gehen dafür nach Ghana.
Dort liegt der grösste künstliche See der Welt. Dort leben die meisten Menschen vom Bergbau und Gold.
Und dort wächst der Bambus. Wild, am Strassenrand.
Und genau dieser Bambus aus Ghana bietet viele Chancen für kreative Köpfe.
Beispielsweise für Köpfe, die auf die Idee kommen mit diesem Bambus ein schickes und nachhaltiges Bike zu produzieren. Und on top bietet diese Arbeit knapp hundert Menschen in Ghana eine Ausbildung und ein Einkommen.
Der Bambus wird am Strassenrand abgeschnitten – eine gefährliche und sehr anstrengende Arbeit.
Danach liegt der Bambus ein paar Monate im Freien und trocknet. Dadurch wird er fest und widerstandsfähig.
Sobald der Bambus trocken ist wird entschieden, ob er schön genug ist für den Fahrradrahmen oder nicht.
Die schönsten Stangen werden innen behandelt und sind dann bereit für das Basteln.
My Boo hat Rahmengrössen definiert und daher werden die Bambusrohre so präpariert, dass sie in diese Grösse passen.
Mit Harz werden die Rahmen fixiert – das ist jedoch weder stabil, noch langlebig.
Stabil wird es erst durch Hanfseile, getränkt in Harz. Die getränkten Seile werden um die Bambusrohrenden gewickelt. Damit werden sie zu einem stabilen Konstrukt.
Sobald das Konstrukt hält, wird geschliffen was das Zeugs hält. Von Hand werden die Rohre gerade geschliffen und die Verbindungsstücke verkleinert. Damit kriegt der Rahmen seine edle und schnittige Form.
Ja, die Rahmen Ghana müssen höchsten Qualitätsansprüchen genügen. Zu guter Letzt wird der Rahmen nochmals eingehend geprüft und getestet. Danach kommt die erste Lackierungsrunde. Schliesslich müssen die Bambusrahmen aus Ghana durch das kältere Wetter Europas fahren können. Wenn dann alles passt, macht sich das Bike auf seine Reise nach Deutschland.
In Deutschland hat – ihr wisst es – alles seine Ordnung und darum machen die Mitarbeiter in Kiel machen nochmals eine Qualitätskontrolle. Was seinen Preis hat, muss auch seine Qualität haben. Und dann folgt nochmals eine Schicht Lackierung. Somit ist der Rahmen erst in Deutschland komplett fertig und wird mit den restlichen Teilen wie Räder, Lenker, Bremsen und Fahrwerk ausgestattet.
80 Stunden Handarbeit und davon das meiste in Ghana. Ich finde, dass ich die paar Euro mehr gerne für ein solches Fahrrad zahle. Weil ich weiss, dass ich damit Menschen vor Ort unterstützte. Nicht nur in der Arbeit, auch in der Ausbildung. Dazu ein anderes Mal mehr.